Computergestütztes Lernen und Unterstützte Kommunikation für Schülerinnen und Schüler mit einer körperlichen / geistigen Beeinträchtigung

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Frage

Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox

eingestellt am: 26.02.2015, 09:25 Uhr
eingestellt von: Irina Schenker
über den Autor:

Beschreibung:

Hallo, ich bin Mutter eines 7jährigen Jungen. Er ist taub geboren, entwickelt sich geistig sehr langsam und ist motorisch sehr unsicher. Er hat keine Lautsprache und nur zwei Gebärden. Seit 6,5 Jahren mache ich UK mit ihm (inzwischen weiß ich, dass das UK heißt, was ich mir selbst so zusammenbastle): er kommuniziert mit Bildkarten, zunächst mit gröseren Fotos, inzwischen auch mit kleinen Metacom-Symbolen. Er versteht viele Gebärden, er versteht auch immer mehr Lautsprache. Mein Problem ist, dass mich der GoTalk9+ wahnsinnig macht, weil wir schon ein so großes Vokabular erarbeitet haben und ich mit dem Folien erstellen nicht mehr nachkomme. Eine UK-Beratung möchte uns langsam in Richtung Rehatalkpad lenken, es sei so vielseitig... Dafür müsse er aber ein sicheres Kategorieverständnis haben, sonst lehnt das die Kasse ab. Eine andere UK-Beratungsstelle sagt, das Rehatalkpad sei so empfindlich und ständig bei Reparatur, wir sollen entweder den Tobii oder Dynavox beantragen. Beide Geräte seien robuster, würden aber alles auch können, was das Rehatalkpad kann. Und außerdem würde es jetzt schon sinnvoll sein, das zu beantragen. Ich weiß nicht, wie ich vorgehen soll. Ich habe zum Probieren die App heruntergeladen, möchte das aber auf Dauer nicht bei der App auf meinem IPad lassen. Wer kann mir helfen?

Kommentare zum Beitrag:

26.02.2015, 09:45 Uhr - Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox - Andreas Grandic

Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox

eingestellt am: 26.02.2015, 09:45 Uhr
eingestellt von: buksoho

Kommentar:

Sehr geehrte Frau Schenker,

da ich Ihren Sohn nicht kenne, verbietet sich eine direkte Stellungnahme zur besten Versorgung ihres Sohnes.

Es ist aber legitim, zu Ihrem "Dilemma" (wem glaube ich) Stellung zu nehmen.

Ihre Situation ist inzwischen recht häufig, weil es, Gott sei Dank, mehr Beratungsstellen gibt. Es ist eine Situation, die viele Menschen erleben, die wegen einer Sache zu zwei Ärzten gehen und die Aussagen der Ärzte "widersprechen" sich.

Es gibt da drei Lösungen:

1. Sie holen sich eine dritte Meinung

2. sie entscheiden für sich, wem sie mehr glauben, wer seriöser auftrat oder umfassender erklärt hat. Das ist oft eine Sache des Bauchgefühls.

3. eine der Beratungen deckt sich mit ihrer Einschätzung, dann würde ich der folgen.

Bei Kindern kommt noch ein Punkt dazu: die Einrichtung, die das Kind besucht.

Wenn an dieser Einrichtung Erfahrungen mit einem der genannten Geräte vorhanden ist, würde ich dazu tendieren, dieses Gerät zu favorisieren, denn sie haben dann eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass das Gerät gut eingesetzt wird. Der Übungseffekt ist also größer. Es kann erwartet werden, dass ihr Sohn mehr Erfahrungen mit dem Gerät haben wird.

Grundsätzlich ist es so, dass Sprachausgabegeräte, die als solche entwickelt wurden (egal von welcher Firma) haltbarer und robuster sind als die iPad-Lösungen. Der Support durch die Hilfsmittelfirmen und die Hersteller ist besser.

Die Aussage, dass erst Kategorien "beherrscht" werden müssen, würde ich kritisch sehen. Dies kann auch im Laufe der Benutzung gelernt werden. Wichtig ist, dass das Kind (und so schildern sie es ja) bereits ein recht großes Vokabular hat (wie groß genau, wäre sicherlich interessant).

Viel Erfolg bei Ihren Bemühungen

Andreas Grandic

(Redakton CLUKS)

 

Informationen über den Autor:

Mit dem CLUKS weder verwandt noch versch, Lehrkraft an der Beratungsstelle, Sonnenhofschule / Beratungsstelle

26.02.2015, 10:32 Uhr - Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox -

Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox

eingestellt am: 26.02.2015, 10:32 Uhr
eingestellt von:

Kommentar:

Wurden in den Beratugen denn verschiedene Geräte mit ihm ausprobiert? Ich erlebe es sehr häufig, dass ich im Vorfeld eine Tendenz zu einem Gerät habe (aufgrund der Infos, des äueren Eindrucks der Person usw.) und beim direkten Erproben sich diese Tendenz nicht immer bestätigen lässt und dann ein anderes Gerät mehr punktet als vorher gedacht. - Letztlich ist das ja doch immer eine sehr individuelle Sache, was für wen passt. Ob allerdings die pauschale Aussage, dass klassische Hilfsmittel robuster etc. sind im Vergleich zu iPad-/Tabletlösungen wage ich zu bezweifeln. Kann sein, muss aber nicht. Ich kenne genügend klassische Talkerversorgungen, bei denen die Geräte ständig kaputt waren und der Service mehr als zu wünschen ließ (sicher, ich kenne auch andere Beispiele) und ich habe ein paar UK-Nutzer, die inzwischen seit 3-4 Jahren ein iPad nutzen (teils sogar Selbstanschaffungen, also gar nicht der klassische Hilfsmittelversorgungsweg) und da nie auch nur ein technisches Problem hatte. Soll heißen, was für wen welche Vor- oder Nachteile hat, muss immer wieder im Einzelfall entschieden werden und da auch UK-Berater nur Menschen sind, kann es da eben zu unterschiedlichen Meinungen kommen - und da gibt es ja auch verschiedene Ideen: Vielleicht sind beide Ideen Quatsch? Oder beide Ideen sind gleichermaßen möglich? Oder es gibt tatsächlich Vorzüge der einen Variante gegenüber der anderen? - Andreas Grandic hat ja schon aufgezeigt, welche Wege es gibt.... - bei der Wahl finde ich aber tatsächlich auch immer mehrere Kriterien wichtig: 1.) Was passt aus fachlicher Sicht/ Einschätzung für den Nutzer (das muss auch nicht immer eine Etweder-Oder-Entscheidung sein, manchmal passen auch mehrere Geräte/ Optionen gleichermaßen)? 2.) Welches System passt am Besten zum Umfeld? (Konntest du die verschiedenen Geräte ausprobieren? Wie sie dir von der Logik entsprechen? Denn oft ist es ja ratsam, dass das Umfeld eine Modellingfunktion hat und das Gerät auch einsetzt und ein Sprachmodell gibt) 3.) Welches Gerät findet der Nutzer am Besten? (Das kann übrigens sehr abweichen von der fachlichen Einschätzung) Wenn man Glück hat, bekommt man aus den ganzen Fakten ein Bild zusammen, was passen könnte und in den meisten Fällen gibt es nicht DIE eine perfekte Lösung und nachdem in der Beratung die verschiedenen Optionen mit Vor- und Nachteilen vorgestellt wurden ist es am Umfeld/ Nutzer, sich zu entscheiden.... Ich drück euch die Daumen!!!

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26.02.2015, 10:38 Uhr - Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox -

Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox

eingestellt am: 26.02.2015, 10:38 Uhr
eingestellt von:

Kommentar:

Noch ergänzend als Frage: Um welche App geht es denn beim Rehatalkpad? GoTalkNOW oder MetatakDE? Oder beide? Und wie waren die Vorschläge beim Tobii bzw. Maestro? (Es ging um einen Maestro von Dynavox?) Welche Strategie sollte da genutzt werden? - Kategorienverständnis meines Erachtens keine Voraussetzung für die Nutung einer dynamischen Kommunikationshilfe wie einem Talker/ iPad - genauso wenig das Bilden von Sätzen oder die Nutzung grammatikalischer Kompetenzen. Für manche UK-Nutzr ist das ein guter Weg, für andere (zumindest zu Beginn)nicht! Viele Talkerstrukturen nutzen natürlich Strategien, die sich auch Grammatik, sprachliche Kategorien usw. beziehen, aber das ist kein Muss! (PODD-Strategien würden z. B. auch ohne gehen)

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26.02.2015, 12:41 Uhr - Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox - Irina Schenker

Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox

eingestellt am: 26.02.2015, 12:41 Uhr
eingestellt von: Pax

Kommentar:

Hallo,

das ging ja flott, vielen Dank. Ich habe nach den Antworten zumindest meine große Verwirrung mal abschalten können und werde jetzt, Dank der guten Tipps, weiter Infos einholen.

Ich habe die GoTalkNow-App heruntergeladen und versuche mich darin gerade.

Die Geräte zu testen ist eine gute Idee. Mein Sohn braucht allerdings oft lange, bis er etwas wirklich probiert. Es kann durchaus passieren, dass er sich bei einem Beratungsgespräch überhaupt nicht für ein solches Gerät interessiert, weil vielleicht noch die große Tasche des Beraters da steht, die er ausräumen möchte. Ich finde eine Stunde, um ein Bild von meinem Kind zu bekommen immer problematisch. Solche Termine hinterlassen bei mir oft das Gefühl, dass mir keiner glaubt, was ich berichte und dass die empfohlene Versorgung nicht passt. Eine der Beraterinnen hat mir eben gestern gesagt, dass sie, seit sie bei uns zu Hause war, ein anderes Bild von meinem Kind hat (sie kennt ihn seit 7 Monaten) und mir jetzt zu einem mitwachsenden dynamischen Gerät rät. Bis dahin dachte sie, ich übertreibe, man müsse noch viel anbahnen. Sie würde vorschlagen, ein Gerät für ein halbes Jahr zu beantragen, um ausreichend Zeit zu haben, das zu testen.

Ich glaube nicht, dass ich meinen Sohn überschätze. Ich weiß auch, dass er viele Dinge nicht kann, er fängt gerade erst an, Dinge zuzuordnen, kann jetzt alleine eine Kugel auf die Kugelbahn legen, noch kein vierteiliges Puzzle zusammenfügen... aber er kommuniziert so breitgefächert, dass ich glaube, ein dynamisches Gerät kann ihm helfen. Er schaut sich gerne Fotos an, was er vor kurzem erlebt hat, oder von seinen Klassenkameraden. Er zeigt mir genau, welche Erzieherin er am liebsten mag. Er nimmt ein Werbeprospekt, um mir zu zeigen, dass er mal wieder Hähnchen essen will. Wenn ich ihm das Foto vom Schwimmbad zeige, dann lässt er sich bereitwillig ins Auto setzen und freut sich die ganze Fahrt über, weil er den Weg weiß... Aber er setzt sich halt nicht an einen Computer und spielt Zuordnungsspiele.

Was sind PODD-Strategien?

Viele Grüße

 

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26.02.2015, 14:46 Uhr - Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox - Annette Kitzinger

Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox

eingestellt am: 26.02.2015, 14:46 Uhr
eingestellt von: annekit

Kommentar:

Was Sie über ihren Sohn schreiben, klingt für mich als Mutter eines ebenfalls sehr schwer behinderten Kindes nach Traumvoraussetzungen für ein komplexes Gerät. Nicht entmutigen lassen. Ich habe mit meiner Tochter im Alter von 3 Jahren mit UK angefangen, musste damals sehr hartnäckig sein, damit die erste UK Beraterin überhaupt bereit war, ihr zwei BigMacks (einfache Sprachtasten) zuzutrauen. Beratungssituationen verliefen bei uns auch meist so, dass meine Tochter nicht zur „Mitarbeit” zu bewegen war. Für uns fand ich es ideal, versch. Geräte ein bis zwei Wochen testen zu können, aber das ist schwierig zu realisieren. Nach Bildkarten, einem gescheiterten Gebärdenversuch, versch. Kommunikationsgeräten von einfach bis klassisch mit dynamischem Display sind wir beim iPad gelandet und sehr zufrieden, auch bezüglich Robustheit (es gibt gut schützende Hüllen). Meine Tochter ist inzwischen 18.

Informationen über den Autor:

26.02.2015, 21:34 Uhr - Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox - Irina Schenker

Rehatalkpad oder Tobii oder Dynavox

eingestellt am: 26.02.2015, 21:34 Uhr
eingestellt von: Pax

Kommentar:

Vielen Dank für das Mut machen, Frau Kitzinger. Und vielen Dank für Ihre Webseite, auf der Suche nach Ideen bin ich dort fündig geworden.

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